Dienstag, 13. Januar 2009
Tony Dungy, (mehr als nur ein) Headcoach
Tony Dungy hat seinen Rücktritt als Coach der Indianapolis Colts und das Ende seiner Coaching-Karriere bekanntgegeben - in echter Dungy-Manier: Ohne großes Theater, nur mit einem leisen Dankeschön an alle, die ihn auf seinem Weg begleitet haben.

Und die ganze NFL, ganz Amerika, erhebt sich von den Sitzen und sagt respektvoll "Goodbye, Tony".

Woher kommt dieser Respekt, diese Bewunderung?

Er war ein erstklassiger Coach, keine Frage. Er führte die Colts 7 Jahre in Folge in die Playoffs und 2007 zum Superbowl, als erster schwarzer Headcoach der Geschichte. Er gewann mit den Colts 85 von 113 Spielen. Er entwickelte in seiner Zeit in Tampa bei den Buccaneers einen eigenen Defense-Stil: Die sogenannte "Tampa 2"-Defense - eine Variante der klassischen Cover 2 Defense. In seiner kurzen Spielerkarriere hat Dungy Mitte der 70er in Pittsburgh den "Steel Curtain" kennen gelernt, der ihn zu seinem neuen System inspirierte.

Aber er war (beziehungsweise ist) auch neben dem Football-Feld ein Mann von Größe.

Überall liest man in diesen Tagen die Geschichten der amerikanischen Sportjournalisten, die ihre eigenen kleinen Geschichten und Erlebnisse mit Dungy preisgeben - mit einem Tenor: Er war schlicht ein unglaublich netter Mann. Er hat sich immer Zeit genommen, war kein Geheimniskrämer, war immer offen und ehrlich und vor allem: respektvoll.

Aber mehr noch: Nur wenige Menschen aus dem Sportbusiness haben neben ihrem Job noch so viel für andere Menschen getan. Dungy hat sich in seine Community in Tampa, wo er lebt, eingebracht und zahlreiche Projekte für Kinder und Jugendliche gestartet, zum Beispiel ein Mentorenprogramm (Mentors for Life), oder hat ein Großer-Bruder-Programm begleitet.

Diese Wertvorstellungen wie Verantwortungsbewußtsein, Hilfsbereitschaft und Respekt hat der tiefgläubige Christ auch seinen Spieler versucht nahezubringen. Auch in dieser Hinsicht unterscheidet er sich von der ansonsten üblichen "Gewinne um jeden Preis"-Mentalität im Profisport.

All das hat zu seinem Ansehen beigetragen, das kaum höher sein könnte.

Und diese Wesenszüge sind auch Grund für die überwältigende Anteilnahme gewesen, die er erfahren hat, als im Dezember 2005 sein 18-jähriger Sohn James Selbstmord begang.

Und umso mehr haben sich all diese Menschen mit Dungy gefreut, als er gut ein Jahr später den Superbowl gewann.

Die andere Seite seines christlichen Glaubens ist aber, auch das sollte man nicht vergessen, dass er Mitglied des Indiana Family Institute ist, eine konservative Organization die offen gegen die Homoehe kämpft.

Doch Schwächen gehören bekanntlich zum menschlichen Dasein dazu.

Keine Frage: Er ist kein Heiliger, er ist auch nicht der einzige "gute" Mensch im Sportbusiness. Er muss und darf nicht glorifiziert werden.

Aber auch trotz seiner Schwächen wird dem Football, dem Sport allgemein, von nun an mehr als nur ein guter Headcoach fehlen.

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